Junior lernt seit einigen Wochen in rasantem Tempo viele neue Dinge und erstaunt Papa und mich beinahe täglich mit seinen Fähigkeiten. Mit neun Monaten robbt er fleißig durch die Gegend, unternimmt erste Krabbelversuche und brabbelt mit zunehmend größerer Lautvielfalt. Doch nicht jede neue Fertigkeit, so wichtig sie für die weitere Entwicklung unseres Babys auch sein mag, sorgt bei Papa Junior und mir für Begeisterung.
In diesem Beitrag berichte ich von den kleinen Problemchen, die uns Juniors neue Kompetenzen im Alltag mitunter bereiten.
Was hat er denn nur?
Ach, ist das herrlich: Der Babyalltag ist recht entspannt. Ich erfreue mich daran, was für ein eingespieltes Team Junior, Papa Junior und ich doch mittlerweile sind. Wir erkennen Juniors Bedürfnisse und Wünsche mittlerweile einfach sehr gut. Mit rosaroter Brille blicke ich auf all die schönen Erlebnisse der vergangenen Monate und denke mir, dass das Leben mit Baby wunderschön ist.
Ja, es gibt Phasen in denen sich mein Leben als Mama wie beschrieben anfühlt. Doch kaum denke ich mir, dass ich nun definitiv weiß wie der Mama-Hase so läuft und was Junior für sein ultimatives Babyglück braucht, steht eine Phase bevor, in der alles wieder so ganz anders als bisher ist. In der beispielsweise bisherige Garanten zur Beruhigung des Kleinen nicht mehr helfen. Oder das Abhalten plötzlich Auslöser für heftiges Schreien ist und das, was raus muss, einfach in die Stoffwindel geht.
Jede dieser Phasen ging nach kurzer Zeit wieder vorüber. Papa Junior und ich hatten jedes Mal den Eindruck, dass Juniors Verhaltensänderungen mit dem Erwerb neuer Fähigkeiten einhergingen. So wurde unser Sonnenschein zum Beispiel mobiler und lernte robben, als er sich für kurze Zeit nicht mehr abhalten lassen wollte.
Die Gewissheit, dass es sich also nur um eine Phase handelt, die im Zweifel eher früher als später ihr Ende findet, half uns einigermaßen gelassen zu bleiben. Doch nun ist alles anders. Und das wohl dauerhaft. Doch der Reihe nach.
Es war an einem regnerischen Wochentag und ich bereitete gerade das Abendessen für uns zu. Ich war fast fertig und wollte das Essen auch gleich servieren, obwohl Papa Junior noch nicht von seiner Arbeit zurück war. Wann er genau kommen würde wusste ich nicht und Junior machte einen hungrigen und bereits müden Eindruck auf mich. Bisher spielte der Kleine hochkonzentriert auf seiner Decke im Wohnzimmer und ich konnte tiefenentspannt das Essen zubereiten.
Doch dann wurde Junior quengelig und fing an zu meckern. Zügig ging ich zu ihm, spielte kurz mit ihm und lenkte ihn mit einem Spielzeug ab. Mein Ziel bestand darin, etwas Ruhe für die benötigten restlichen fünf Minuten in der Küche zu erhalten. Das klappte nochmal sehr gut.
Nachdem ich das Kochen beendet hatte, legte ich Juniors Essen auf sein Hochstuhl-Tischchen. Doch es war noch zu heiß und musste abkühlen, bevor ich unser Baby in den Hochstuhl setzen konnte. Nun hatte Junior jedoch gesehen, dass seine Mahlzeit auf seinem Essplatz nur darauf wartet, von ihm verputzt zu werden.
In diesem Moment kam Papa heim. Ich schnappte mir Junior und wir liefen Richtung Wohnungstür, um Papa zu begrüßen. Dabei gingen wir auch am Hochstuhl und dem mit Essen beladenen Tischchen vorbei.
Als wir wenige Schritte später bei Papa ankamen, zeigte der sich irritiert: Junior hatte zwar ein kurzes Lächeln für ihn übrig. Doch dann fing er an lautstark zu schreien und zu weinen. Das gab es bisher nicht.
Wenn Papa nach Hause kommt, freut Junior sich riesig. Egal wie Junior tagsüber drauf war, für Papa gibt es am Abend stets das „Ich bin das liebste und niedlichste Baby der Welt“-Programm (ich glaube, darum glaubt Papa Junior mir manchmal auch nicht wie anstrengend der Tag war). Diesmal aber nicht. Mit rotem Kopf, vielen Tränen und einem kräftigen Aufbäumen auf meinem Arm zeigte der Kleine uns, dass etwas gerade so gar nicht stimmt. Wir fragten uns, was der Kleine nur hat.
Ein paar Tage später war die Situation ähnlich. Allerdings stand das Mittagessen bevor und ich war mit dem Kleinen allein. Wieder hatte ich das Essen bereits auf dem Hochstuhl-Tischchen platziert, damit es abkühlt. Bevor ich dann mit Junior essen wollte, ging ich mit ihm auf meinem Arm nochmal kurz ins Kinderzimmer. Dort wollte ich sein Lätzchen holen, um nach der, beim „Baby-led-Weaning“ nun mal zu erwartenden, Matscherei keine aufwendige Umziehaktion durchführen zu müssen.
Wieder führte unser Weg am Hochstuhl und somit Juniors Mittagessen vorbei. Freudig betrachtete Junior die Auswahl. Er lehnte sich diesmal sogar in Richtung des Essens und versuchte etwas zu greifen. Dann bemerkte er allerdings, dass es noch gar nicht in seinen Hochstuhl für ihn ging. In einer, mir bisher unbekannten, unheimlichen Lautstärke fing Junior an zu brüllen und zu weinen.
Zunächst dachte ich, der kleine Sonnenschein leidet plötzlich unter starken Schmerzen. Er schrie derart heftig und bäumte sich mit einer solchen Kraft auf, dass ich die Sorge hatte, er könnte sich vor Aufregung übergeben. Ich beschloss, den Kleinen sicher auf seiner Decke auf dem Wohnzimmerboden abzulegen. So heftig, wie er strampelte und sich auf meinem Arm bewegte, war meine Befürchtung, dass ich ihn nicht mehr lange sicher halten kann.
Das Ablegen verschlimmerte die Situation jedoch. Mit hochrotem Kopf und voller Kraft signalisierte Junior sein Missfallen. Also nahm ich ihn wieder hoch und trug ihn umher. Beim Anblick des Hochstuhl-Tischchens mitsamt seines Mittagessens hielt der Kleine kurz inne. Er versuchte erneut, sich dorthin zu bewegen und Essen zu greifen. Und da wurde es mir klar.
Junior hatte einen ziemlich heftigen Wutanfall, als ich ihn von diesem Poster wegtrug. Er wollte es wohl weiter zerreißen.
Keine Chance für „Warte mal kurz“
Juniors Verhalten war nicht etwa auf Schmerzen zurückzuführen. Er wollte einfach essen. Und zwar jetzt. Also sofort. Mein Rumtragen gefiel ihm da natürlich nicht, da es ihn von seinem Ziel – dem Hochstuhl mit gedecktem Tischchen – entfernte. Ich muss zugeben, dass ich nach dieser Erkenntnis erst einmal überrascht war. Die Heftigkeit, mit der Junior seinem Willen Ausdruck verlieh, war einfach neu für mich. Wie ist es bitte möglich, dass sich mein kleiner, niedlicher Schatz in einen solch wütenden, roten Schreihals verwandelt?
Natürlich blieb es nicht bei diesen zwei Situationen. Der Kleine hat nicht nur seinen eigenen Willen. Er weiß nun auch sehr gut, diesen deutlich zu zeigen. Wenn Papa oder ich etwas tun, was unserem Sonnenschein nicht gerade nicht passt, dann wird es nun laut. Sehr laut. Und das ziemlich flott.
Junior am Essen vorbeitragen, um noch schnell etwas aus der Küche zu holen? Besser nicht. Ihn aus der Bauchlage auf den Rücken drehen, um ihn umzuziehen (ja, wir kündigen ihm das vorher immer an und sagen, was wir mit ihm vorhaben und warum – hilft aber nur ab und an)? Im falschen Moment ein ganz böses No-Go und definitiv ein Grund zum Schreien, Strampeln, Ausflippen. Dem kleinen Sonnenschein nach dem Essen die Hände und das süße Gesicht waschen? Fiese Nummer und – ihr ahnt es bereits – ein weiterer Anlass mal zu zeigen, was der (mittlerweile gar nicht mehr so) zarte Körper bereits an Lautstärke verursachen kann.
Nun versuchen Papa Junior und ich in solchen Situationen selbstverständlich, den Kleinen zu beruhigen. Meckert Junior beispielsweise, obwohl er sein Wunsch in wenigen Augenblicken erfüllt wird (Beispiel Essen), probieren wir es gern mit „Warte kurz, Schatz. Gleich können wir essen.“ Spielt er mit einem Kabel oder einem anderen babyuntauglichen Gegenstand und ärgert sich dann, weil wir das Ganze beenden, versuchen wir es mit einer kurzen Erklärung. Und (ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das pädagogisch korrekt und sinnvoll ist) dann mit Ablenkung: „Nein, nicht das Kabel. Aber schau mal. Hier ist Alfred Affe. Den magst du doch so gern.“
Je nach Laune unseres Babys, wirken diese Beruhigungs- und Erklärungsversuche mal mehr und mal weniger (also gar nicht) gut. Es gibt einfach Momente, in denen „Warte mal kurz, Schatz“ keine Chance hat.
Merke: Je müder das Baby, desto heftiger die Wut
Vermutlich sind wir nicht die einzigen Eltern, denen aufgefallen ist, dass man sich folgenden Satz wie ein Mantra merken sollte: Je müder das Baby, desto heftiger die Wut.
Nun ist Geduld ohnehin nicht Babys Stärke und auch ausgeschlafene Lieblinge sind keine Garantie für gute Laune und kein Gebrüll. Doch wenn Junior müde ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ihm etwas nicht gefällt und er dann lautstark meckert enorm an. Und wie das Mantra schon besagt, hängt auch die Intensität der Reaktion unmittelbar mit Juniors Müdigkeitsstatus zusammen. Eigentlich ja auch logisch. Unausgeschlafene Erwachsene sind schließlich ebenso oftmals ungenießbar (und mindestens so schreckliche Gesellschaft wie hungrige Mitmenschen).
Eine neue Herausforderung für mich
Im Umgang mit Juniors neuer Kompetenz, sich derart deutlich und klar auszudrücken, tue ich mich noch schwer. Bisher freute ich mich über jeden neuen Entwicklungsschritt und Meilenstein, den unser Schatz erreichte. Doch diese Wutanfälle machen mich fertig.
Obwohl ich mittlerweile meist sofort weiß, warum mein Baby gerade unzufrieden ist und ich mir auch darüber im Klaren bin, dass dies nun mal die Art ist, wie ein Baby sich Gehör verleiht, zweifle ich an meinen Fähigkeiten als Mutter. Was habe ich falsch gemacht, dass es meinem Schatz schlecht geht?
Ja, ich weiß wie dumm diese Gedanken sind. Denn mir die Schuld für etwas zu geben, dass vollkommen normal und sogar wichtig für die weitere Entwicklung Juniors ist, ergibt wenig Sinn. Da ist sie also mal wieder – meine Unsicherheit in meiner Rolle als Mutter. Ich denke, ganz verschwinden wird meine Tendenz, den Fehler (den es in diesem Fall ja gar nicht gibt) bei mir zu suchen wohl nie.
Doch ich bin mir mittlerweile darüber bewusst und merke schneller als früher, dass solche Gedanken weder Junior noch mir etwas bringen. Und nun mal ein Eigenlob (nein, es stinkt nicht – wir Frauen sind viel zu selten nett zu uns selbst): Ich bin nicht nur auf einem guten Weg, mit meiner Unsicherheit umzugehen. Immer häufiger lasse ich Junior einfach mal machen und lehne mich entspannt zurück. Ich habe akzeptiert, dass ich nicht dafür sorgen kann (und sollte), dass es meinem Baby immer super geht. Zum Leben gehören auch eigene Erfahrungen. Auch Unschöne. Meine Verantwortung liegt darin, einen sicheren und schönen Rahmen für Junior zu schaffen, in dem er sich erfahren und ausprobieren darf.
Der positive Blick
Und deshalb möchte ich Juniors neue, ja für uns Eltern auch mal herausfordernde, Fähigkeit positiv betrachten. Was gibt es Schöneres als ein kleines Wesen, das immer besser weiß, wie es seine Gefühle und Bedürfnisse kundtut? Ohne diese Kompetenz wären weitere Schritte in Richtung mehr Selbstständigkeit doch gar nicht möglich. Und natürlich merken wir, dass Junior auch positiven Gefühlen nun viel deutlicher Ausdruck verleiht. Wenn der Kleine lacht, weil Mama plötzlich hinter der Tür auftaucht oder er am knackenden Türschloss erkennt, dass Papa nach Hause kommt, geht uns das Herz auf.
Und nun muss ich auch zum Ende kommen, da Junior wach geworden ist. Ich will schließlich keinen Wutanfall riskieren …
Wie immer freue ich mich, wenn ihr mir von euren Erfahrungen berichtet. Wie ist das bei euch? Wie geht ihr mit eurem wütenden Baby um? Oder kennt ihr das, was ich in diesem Beitrag beschreibe, (bisher) gar nicht?
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