soll ich dir verraten, warum Mama heute etwas neben der Spur ist? So nah am Wasser gebaut? Und die Wohnung so aufgeräumt und sauber? Und das Essen einen kleinen Tick aufwendiger als üblich? Möchtest du wissen, warum Mama heute ihr Haar offen (statt des Mama-Dutts) trägt, unpraktische Kleidung bereit legte, um dann doch etwas gehetzt den Großteil des Tages in Leggings, Stillshirt und ohne Make-Up zu verbringen (auch heute musste wie üblich die Tagescreme reichen)? Fragst du dich, warum Papa heute früher als üblich nach Hause kam? Und dich mit einem noch größerem Lächeln als sonst begrüßt hat? Wieso du heute ständig (fast so oft wie in den ersten Tagen deines Lebens) fotografiert wirst? Ist es dir ein Rätsel, warum wir in das bunte tolle Papier, das an Spannung einfach durch nichts zu überbieten ist, Sachen gewickelt haben? Und dich ganz gebannt beäugten, als du das gefüllte Papier dann endlich in deinen Händen hieltst? Als wäre das alles nicht schon merkwürdig genug, ertönt heute auch noch so oft dieses laute Geräusch. Das, was sonst immer kommt, wenn du gerade eingeschlafen bist und dich dann so erschreckt. Ein paar Augenblicke später ist es dann immer etwas enger im Flur. Und lauter in der gesamten Wohnung … Sind sich Paketboten eigentlich darüber im Klaren, dass sie mit einem (Klingel-)Knopfdruck die gesamte Tagesplanung einer Mutter durcheinander wirbeln können? Aber das ist ein anderes Thema. Und heute ist so viel los, da will ich nicht abschweifen. Heute klingelt es jedenfalls aus einem anderen Grund. Nach und nach trudelt der Besuch ein. Alle wollen dich sehen. Es war gar nicht so leicht, einem Großteil der Verwandten und Freunde mitzuteilen, dass Papa und ich keine Lust auf so viel Besuch haben. (Vielleicht geht es dir ja auch so? Aber das ist ehrlich gesagt geraten.) Vielleicht wunderst du dich allerdings auch darüber, dass die, die gekommen sind immer wieder das Gleiche sagen? „Weißt du noch, …“ und der in so vielen Situationen passende Klassiker „Ach, wie schnell die Zeit vergeht.“ gehören an einem Tag wie heute eben einfach dazu. So wie viel zu viel Essen zu Weihnachten und gute Vorsätze, die nach spätestens drei Wochen vergessen sind, zu Neujahr. Was ist heute nur los? Ich verrate es dir: Heute ist dein Geburtstag. Aber es nicht nur ein Geburtstag. Es ist dein erster. Offiziell bist du nun kein Baby mehr. Du bist jetzt ein Kleinkind. Als deine Mama habe ich da natürlich meine ganz eigene Meinung zu. Selbstverständlich bist du noch ein Baby. Mein Baby. Ich muss schon zugeben, dass du dich in den vergangenen Monaten mit jeder neu erlernten Fertigkeit in Richtung Kleinkind bewegt hast. Auch dein Aussehen ist durch mehr Haare (aber vergleichsweise noch immer wenig), niedliche Zähnchen (mit denen du aber auch gut zubeißen kannst, wie ich schmerzhaft erfahren musste) und deine Körpergröße nicht mehr allzu babyhaft. Als du dich das erste Mal selbstständig hingesetzt hast, wirktest du mit einem Mal so groß auf mich. Immer wenn dich jemand anderes auf dem Arm trägt (außer Papa Junior, denn das sehe ich ja täglich), fällt mir auf wie rasant du gewachsen bist. Und trotzdem: Erst wenn du laufen kannst, werde ich dich wohl nicht mehr als mein kleines Baby ansehen. Wie ich schon vor einem halben Jahr in meinem ersten Brief an dich schrieb, empfand ich den Start in mein neues Leben mit dir weder als rosarot noch als leicht. Zu viele Sorgen und Ängste und obendrauf mein Perfektionismus machten mir die ersten Wochen als Mama schwer. Doch nach und nach wurden die Sorgen weniger und ich lernte, die vielen schönen Momente wahrzunehmen. Meine Rolle als Mutter anzunehmen und zu akzeptieren, dass das Leben nicht wie vorher, nur eben mit Baby, ist (das dachte ich tatsächlich vor deiner Geburt). Sondern ganz anders. Aber auch auf eine bisher nie gekannte Weise schön. Dabei mochte ich auch mein Leben vor dir sehr gern. Die letzten sechs Monate vergingen gefühlt so viel schneller als unser erstes gemeinsames Halbjahr. Der erste Sommer deines Lebens liegt schon wieder hinter uns (wobei manche nun sagen würden, dass der Sommer 2017 diesen Namen nicht verdient hat). Nun beginnt wieder die Zeit, in der ich dir so viele Schichten anziehen muss. Wobei du das doch überhaupt nicht magst. Vor allem wenn du müde bist. Und nicht nur beim Anziehen kommt immer häufiger dein eigener Wille und Charakter zum Vorschein. Du kannst immer deutlicher zeigen, was dir Freude macht (Lampen und Bälle sind derzeit das Größte für dich) und was nicht (anziehen, Mützen auf deinem Köpfchen und laute Geräusche). Wenn du mir mit deinen kleinen Fingern und einem fröhlich-aufgeregten „Da!“ zeigst, was dich interessiert oder lachst, macht mein Herz kleine Freudensprünge. Wenn du dich unwohl fühlst und weinst, dann leide ich mit dir. Mein Gespür für das, was dir gut tut ist ziemlich ausgeprägt. Und weißt du was das Schöne daran ist? Für mich gilt: Wenn es dir gut geht, geht es auch mir gut. Auf deine Bedürfnisse einzugehen ist für mich kein Akt der Selbstaufgabe. Das Stillen, gemeinsame Schlafen im Familienbett und, je nach deiner UND meiner Tagesform, Tragen im Bondolino erleichtern meinen Alltag enorm (das gilt übrigens auch für unsere breifreie Beikost und Windelfreiheit, welche ebenfalls kritische Anmerkungen oder Kopfschütteln provozieren). Denn wenn ich etwas noch immer nicht ertragen kann, dann ist es dein weinen oder gar schreien. Manche Menschen finden es befremdlich, dass wir diesen Weg gehe. Sie sagen, dass ich dir all diese Dinge angewöhnt habe (klar, Mama ist die Schuldige …). Du wärst doch nun alt genug, um im eigenen Bett zu schlafen und nicht mehr zu stillen. Und diese Tragerei kann ja auch nicht gut für meinen Rücken sein. Und weißt du was? Ich glaube, dass der Großteil dieser Menschen es wirklich gut mit uns meint. Noch immer glauben viele Leute, dass man ein Baby oder kleines Kind ganz schnell verwöhnt und damit verzogen hat. Kümmert man sich zu liebevoll um euch und geht stets auf eure Bedürfnisse ein, so die Angst, dann erschafft man unselbstständige kleine Tyrannen. Wer will das schon? Manche meinen sicher auch, dass ich nun langsam mal loslassen müsse, da wir sonst noch viele Jahre (wenn nicht gar Jahrzehnte – man hört ja so einiges) in einem Bett schlafen, stillen und ich dich umher trage. Aber wenn ich etwas in meinem neuen Leben als Mama ziemlich schnell gelernt habe, dann ist es wohl das: Was zählt ist, dass es dir, Papa Junior und mir gut geht. Kritische Anmerkungen oder gar unverschämte Anfeindungen (das ältere Ehepaar damals in der ruhigen Ecke der Einkaufspassage, welches mich für das öffentliche Stillen beschimpfte, hast du hoffentlich längst vergessen) ändern nichts an meinen Überzeugungen. Denn ich spüre, dass unser Weg genau richtig für uns als Familie ist. Hinter uns liegen 12 aufregende, manchmal auch aufreibende, jedoch nie langweilige Monate. Heute feiern wir, dass du nun schon ein Jahr unser Leben bereicherst. Dafür brauchen wir keine riesige Feier oder unzählige Geschenke für dich (auch wenn insbesondere deine Großeltern, welche uns eine große Unterstützung im zurückliegenden Jahr waren, in ihrem Geschenkeeifer kaum zu bremsen sind). Was wir heute nicht missen möchten, das bist du. Ein Leben ohne dich ist, seit du am 20. Oktober 2016 um 13.37 Uhr das Licht der Welt erblickt hast, unvorstellbar für mich. So viel Leben erfüllt mit dir nun jeden Tag unser Zuhause. So viel Liebe unsere Herzen. Eines steht fest: Mit dir zog die Liebe ein. Alles Gute zu deinem ersten Geburtstag wünscht dir deine etwas wehmütige Mama!Dein erster Geburtstag: Ein Brief an einem ganz besonderen Tag
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