Wie ist es mit einem wenige Monate altem Baby durch Europa zu reisen? Wie aufwendig sind die Vorbereitungen und das Koffer packen, wenn es für mehrere Wochen oder sogar Monate on tour geht? Und wie sieht der Familienalltag bzw. ein typischer Tagesablauf auf Reisen mit dem kleinen Familienzuwachs aus?
All diese Fragen gingen mir durch den Kopf, wenn andere frischgebackene Mütter mir von ihren Urlaubsplänen bzw. bereits erlebten Familienreisen berichteten. Unser erster Urlaub mit Junior führte uns an für eine Woche an die Ostsee (Wer mehr wissen mag, ist hier richtig: Teil eins rund ums Koffer packen mit praktischer Checkliste zum Download & Teil zwei über die Reise selbst). Somit bin ich nicht in der Lage, von weiten Reisen mit Baby zu berichten (wobei ich das Gefühl habe, in meinem Umfeld damit ziemlich allein zu sein … Nachzulesen in diesem Jammertal-Beitrag). Die liebe Julia hat sich jedoch bereit erklärt, mir Rede und Antwort über ihre neunwöchige Reise nach Südfrankreich zu stehen. Also lasst die Sonne in eure Herzen und träumt euch mal eben kurz in den Urlaubsmodus!
„Im Endeffekt hatten wir zu viel dabei und würden das nächste Mal noch reduzierter losziehen.“ – Julia übers Koffer packen für die Reise mit Baby
1. Bitte stell dich zunächst kurz vor. Wie & wann seid ihr auf die Idee gekommen, im ersten Jahr mit Baby länger zu verreisen?
Wir, das sind Julia, Tobi und Jakob, der im Oktober 2016 geboren wurde, leben in Berlin-Friedrichshain und reisen gehörte schon vor dem ersten Baby zu einer unserer großen Leidenschaften. Schon bevor ich schwanger wurde überlegten wir mit meiner Familie gemeinsam einen VW-Bus zu kaufen, den alle Familienmitglieder nutzen können.
Im Frühjahr 2016 war der VW-Bus da und so schmiedeten wir bereits während der Schwangerschaft Reisepläne für die Elternzeit. Wir wollten die Chance unbedingt nutzen, wieder einmal richtig lange unterwegs sein zu können.
2. Wie kam es zum Reiseziel?
Da wir durch Jakobs Geburt im Oktober und unsere Aufteilung der Elternzeit von April bis Juni unterwegs sein wollten, entschieden wir uns für Südfrankreich – wir mögen Frankreich als Reiseland beide sehr, es gibt tolle, bezahlbare Campingplätze und im besten Fall auch etwas Sonne.
Gutes Wetter bzw. milde Temperaturen erschienen uns für eine Reise mit Baby zentral, da man beim Campen trotz Bus doch sehr viel Zeit draußen verbringt. Unsere Reiseroute führte am Meer entlang bis zu den Pyrenäen und im Inland über die Provence zurück.
3. Wie aufwendig waren die Vorbereitungen?
Im sonnig gelben VW-Bus ging es für Julia, ihren Mann und den kleinen Baby-Sohn auf nach Südfrankreich.
Da wir den VW-Bus bereits hatten, war einiges der Vorbereitungen damit quasi schon erledigt. Wir kümmerten uns um eine Familien-Auslandskrankenversicherung und prüften die Konditionen im Fall eines Unfalls oder einer Panne. Packlisten schrieben wir auch so einige, zu zweit waren wir bislang ein eingespieltes Reiseteam aber mit Baby war das für uns eine Premiere. Wir verbrachten länger mit der Überlegung, ob wir ein Vorzelt für den Bus benötigten, um etwas mehr „Abstellraum“ zu haben, entschieden uns aufgrund des Aufwandes und der Größe letztendlich doch dagegen und bestellten eine Strandmuschel mit UV-Schutz, die Jakob vor Wind und Sonne schützen sollte. Der Bus hat zudem eine Markise integriert, die sich zum Sonnen- oder Regenschutz ausfahren lässt.
Vor der Reise checkten wir mit dem Kinderarzt, was in der Reiseapotheke mit Baby nicht fehlen darf (Nasentropfen, Kochsalzlösung, Benuron-Zäpfchen, Fieberthermometer, menchanische Sonnencreme, Wund- bzw. Zinksalbe und zusätzlich hatten wir Zahnöl und eine Veilchenwurzel im Gepäck, da Jakob zahnte). Kleidung für Jakob nahmen wir auch in verschiedenen Größen mit, da Jakob rasant wuchs und wir insgesamt 2 Monate unterwegs sein wollten. Kinderwagen und Trage waren ebenfalls dabei und wir immer wieder sehr froh beides zu haben. Im Endeffekt hatten wir zu viel dabei und würden das nächste Mal noch reduzierter losziehen.
„Nach 2-3 Wochen hatten wir langsam eine Routine gefunden und es wurde mit jeder Woche besser.“ – Mit Baby on tour
4. Endlich unterwegs – wie waren die ersten Reisetage?
Zu Beginn war es sehr anstrengend: Jakob war etwas krank und zahnte, ich war ebenfalls erkältet und wir merkten schnell, dass Reisen mit Baby komplett anders war als das, was wir früher als „Urlaub“ bezeichnet hatten: Mehrtages-Wanderungen durchs Hochgebirge mit Zelt und Kocher, klettern, Radfahren, lesen und schlafen… Mit Baby waren wir zwar die ganze Zeit beschäftigt, letztendlich aber doch mit keiner der vorher genannten Tätigkeiten…
5. Wie sah der Urlaubsalltag mit Baby aus? Was habt ihr unternommen? Worauf musstet ihr achten bzw. habt ihr geachtet?
Nach 2-3 Wochen hatten wir langsam eine Routine gefunden und es wurde mit jeder Woche besser. Unsere Abläufe spielten sich ein, es wurde immer wärmer und wir konnten besser einschätzen, wann welche Aktivität mit Jakob gut passt. Wir unternahmen kleine Spaziergänge, sahen uns Sehenswürdigkeiten in der Umgebung an, erforschten die Campingplätze und hatten mit Kochen, Essen, Abspülen, Einkaufen und Wäsche waschen eigentlich immer etwas zu tun.
Wir merkten dass 3-4 Nächte an einem Ort optimal sind, um nicht zu sehr in Hektik zu geraten. Die Autofahrten zwischen den Etappen (max. 2h am Stück) legten wir flexibel in Jakobs Schläfchen. Wenn uns ein Ort nicht gefiel, blieben wir zumindest 2 Nächte und zogen dann weiter, so kam kein Stress auf.
6. Die schönsten Erlebnisse?
Puh, das ist ganz schön schwer zu beantworten, ich glaube es war eigentlich immer dann am schönsten, wenn alles gut klappte, Jakob zufrieden, wir entspannt waren und die Sonne schien.
7. Gab es auch Dinge, die nicht wie erhofft liefen/ Unschönes?
Vor allem am Anfang hatte unser VW-Bus direkt ein Motor-Problem und wir mussten eine Werkstatt finden, die sich möglichst schnell um die Behebung des Schadens kümmerte. Dann stellte die Standheizung nach 2 Tagen den Dienst ein, das war etwas nervig, da wir gerade zu Beginn die Standheizung gut hätten gebrauchen können…
„Zu Beginn muss man Zeit zum „Eingrooven“ einplanen und die Erwartungen herunterschrauben, was auf einer solchen Reise zu schaffen ist“ – Julias Tipp für einen entspannten Familienurlaub
8. Würdet ihr, jetzt wo ihr wisst wie es war, nochmal länger mit Baby verreisen?
Auf jeden Fall! Vielleicht können wir beim nächsten Mal sogar noch etwas abenteuerlicher unterwegs sein z. B. in ein Reiseland mit weniger guter Infrastruktur – mal sehen.
9. Was würdet ihr anders machen?
Zu Beginn muss man Zeit zum „Eingrooven“ einplanen und die Erwartungen herunterschrauben, was auf einer solchen Reise zu schaffen ist, das macht es mit Sicherheit entspannter. Die Standheizung würden wir auf jeden Fall doppelt und dreifach checken bevor es losgeht…
10. Und was genauso?
Eigentlich bis auf das eben genannte alles – wir hatten eine wirklich unvergessliche erste Reise als Familie.
11. Und zum Abschluss: Habt ihr einen Tipp für alle, die ähnliches wie ihr planen?
Wir haben gute Erfahrungen mit einer nicht zu starren Reiseroute gemacht – eine grobe Idee ist wichtig um auch entsprechend Reiseliteratur im Gepäck zu haben, aber auf Wetter und sonstige Gegebenheiten flexibel reagieren zu können war für uns extrem angenehm. Wir haben die Campingplätze nicht vorab reserviert oder gebucht, so konnten wir vor Ort entscheiden, ob uns der Platz gefiel oder nicht. Da wir in der Nebensaison unterwegs waren, war das kein Problem. In der Hauptsaison (Juli/ August) würden wir eine Reise nach Südfrankreich aufgrund der Hitze und der vielen Menschen eher nicht empfehlen.
Vielen Dank für den spannenden Einblick und das Teilen deiner wunderbaren Fotos mit uns, liebe Julia!
Und wie lief eure erste Reise mit Baby? Habt ihr euch wie Julia an ein größeres Abenteuer gewagt oder seid ihr wie ich doch lieber in der Nähe eures Wohnortes geblieben? Ich freue mich sehr über eure Kommentare!
Oder habt ihr vielleicht Lust, ausführlicher zu berichten? Dann schreibt mir gern eine Mail mit ein paar Details zu eurer Reise. Und vielleicht sind dann bald eure Reiseerfahrungen Inspiration für die Patschehand.de-Leser*innen …
Mit ganz viel Sonnenschein im Herzen grüßt euch
eure Jana