Ob Lebkuchen, Adventskalender oder die schieren Massen an Spielzeugkatalogen, die einen mit jeder Zeitschrift entgegen fallen: Es ist nicht mehr zu leugnen, dass Weihnachten vor der Tür steht. Dieses Jahr darf ich die Festtage zum zweiten Mal als Mutter erleben. Und ich freue mich schon sehr auf das Feiern im Familienkreis, leckeres Essen und diese besondere Stimmung, die eben nur zu dieser Zeit im Jahr aufkommt.
Ganz anders mit der Vorfreude und den Weihnachtsgefühlen, oder besser gesagt Nicht-Gefühlen, erging es mir vor einem Jahr – vor bzw. an meinem ersten Weihnachten als Mutter.
In diesem Artikel beschreibe ich, fernab vom Weihnachtskitsch, wie ich die Festtage im letzten Jahr erlebt habe. Vielleicht ging es euch genauso als Neu-Mama ? Oder seid ihr eine der Mütter, die in diesem Jahr ihr erstes Weihnachten mit Baby erleben werden? Habt ihr möglicherweise ein schlechtes Gewissen, weil ihr euch nicht auf Weihnachten freut? Oder plagen euch Sorgen, wie die Festtage wohl werden? Ich kann euch sehr gut verstehen. Deshalb berichte ich in diesem Artikel ehrlich von meinen Gefühlen im Vorfeld des Weihnachtsfestes 2016 und an den Festtagen selbst. In Teil 2 von „Last Christmas“ verrate ich euch außerdem, was ich für entspannte(re) Weihnachten mit Baby aus heutiger Sicht anders machen würde.
Weihnachten im Wochenbett? Für mich als frischgebackene Mama so gar nicht nett …
Jingle Bells, Jingle Bells … In den nächsten Wochen versinkt die ganze Welt wieder im Weihnachtskitsch. Die ganze Welt? Nein, ich muss mich korrigieren. Es ist wohl nicht die ganze Welt. Denn frischgebackene Mamas erleben die Festtage ganz anders als der Rest der „Last Christmas“- hörenden und glühweinschlürfenden Menschen. Zumindest ging es mir im letzten Jahr so.
Vorfreude auf Weihnachten? Die gab es bei mir, nicht einmal zwei Monate nach Juniors Geburt, vor einem Jahr überhaupt nicht. Ja, ich kann sie verstehen die lieben Verwandten. Das muss ich sogar zugeben. Schließlich muss der kleine Familienzuwachs, der ja so furchtbar niedlich ist, eingehender Betrachtung unterzogen werden. Das kleine Wesen kennenlernen und sofern es die „überängstliche“ Mutter zulässt, die „bloß nicht jedem Schreien nachgeben“ solle, wenn sie nicht mit einem „verwöhnten Baby“ gestraft sein will, auch mal tragen, anfassen und lieblichsten Babyduft schnuppern sind die obersten Ziele des Besuchs.
Dabei ist es dann auch nicht für jede*n von Interesse, dass reichlich Besuch für mich als Mama im Wochenbett vor allem eines bedeutete. Nämlich Stress. Und das auch schon im Vorfeld. Es mag ja frischgebackene Eltern geben, die den Haushalt trotz eines am Tage kaum sowie niemals ohne Körperkontakt schlafenden Babys super im Griff haben.
Doch wir gehörten (und gehören bis heute) nicht zu diesen bewundernswerten Exemplaren der Gattung Super-Eltern. Wobei vor einem Jahr auch mildernde Umstände für das Chaos bei uns galten: Nur eine Woche vor Juniors Geburt waren wir frisch eingezogen in unsere, im Gegensatz zur vorangegangenen Bleibe, schimmelfreie und ausreichend große Wohnung in Berlin-Friedrichshain.
In einem neuen Zuhause, das sich randvoll mit unausgepackten Umzugskartons mehr nach Baustelle als Familienglück anfühlte und mit einem Baby, das mehr oder weniger den ganzen Tag und die ganze Nacht an meiner Brust hing, war ich Opfer einer nie gekannten Erschöpfung und Müdigkeit. Das Letzte was ich am Ende meines Wochenbettes herbeisehnte war Weihnachten.
Reichlich Besuch, feste Termine & hohe Erwartungen: Mama im Weihnachtsstress
Neben der Herausforderung, die Wohnung in einen Zustand zu bringen, der einigermaßen vorzeigbar für die Verwandten ist, bereiteten mir noch einige andere Dinge Sorge.
Und bevor jetzt irgendwer fragt: Es kam für mich überhaupt nicht in Frage, das eigene (chaotische) Zuhause zu verlassen und die Festtage mit Papa Junior und Junior anderswo zu verbringen. Zwar hätten wir uns so den Aufräum- und Putzmarathon erspart. Doch mein Hormonchaos nach Juniors Geburt in Kombination mit meiner großen Unsicherheit in meiner neuen Rolle als Mutter ließen weder Fahrzeiten noch längere Aufenthalte außerhalb der eigenen vier Wände zu. Da bildete auch Weihnachten keine Ausnahme.
Nun möchte ich aber zu den Dingen kommen, die mir vor dem Weihnachtsfest im Kopf herumspukten. Und so ziemlich effektiv Vorfreude und gute Laune verhinderten. Ziemlich viel Raum in meinem Hirn nahm beispielsweise die Frage ein, wie viel ich wohl überhaupt vom Besuch mitbekommen werde mit einem Baby, dass erstens ziemlich häufig und lange stillt und zweitens nur auf oder wenn es richtig gut läuft neben Papa Junior oder mir schläft.
Ebenfalls besorgt war ich darüber, dass unsere Besucher Junior wohl sicher auch tragen, kuscheln und anfassen möchten. Was ich ehrlich gesagt zur damaligen Zeit kaum ertragen konnte. Ich hatte das Gefühl, dass nur ich weiß, was Junior gut tut. Muss ich noch erwähnen, dass ich auch dachte, dass nur ich dem Kleinen geben kann, was er braucht für einen guten Start ins Leben?
Wobei „dachte“ dafür der falsche Ausdruck ist. Denn mein Kopf fand diese Gedankengänge ganz furchtbar. Schließlich bin ich doch eine moderne, unabhängige, emanzipierte Frau. Keinesfalls eine Mutter, die jeden, der sich in die Nähe ihres Babys wagt, genauestens beäugt. Stets in Bereitschaft einzugreifen, sofern ihr etwas nicht passt. Damals hätte ich es natürlich bestritten, aber schon mal was von „Maternal Gatekeeping“ gehört? Nein? Macht nix.
Ich glaube mit der Beschreibung meiner Gedanken und meines Verhaltens habt ihr schon eine ziemlich exakte Defintion des Phänomens von mir geliefert bekommen. Wobei es sicher noch wesentlich heftigere Ausprägungen gibt …
Es war zu dieser Zeit nun mal eher mein Bauch, der mein Handeln bestimmte. Und der sagte: „Dein Baby braucht seine Mama“. Woher dieser Glaubenssatz nach der Geburt kam? Ich bin mir nicht ganz sicher. Vielleicht vermischten sich da alte Rollenbilder, gesellschaftliche Erwartungen an Frauen und insbesondere Mütter sowie der heftige Hormoncoktail in meinem Körper, dem ich nach der Geburt und durchs Stillen ausgesetzt war.
Wie sollte Weihnachten also schön werden, wenn ich bereits im Vorfeld wusste, dass ich mit dem Verhalten unseres Besuchs enorme Schwierigkeiten habe? Ist es besser, in für mich unangenehmen Situationen nichts zu sagen? Des lieben Weihnachtsfriedens wegen? Oder habe ich als Mutter das Recht die Grenzen da zu setzen, wo eben meine Wohlfühlzone verlassen wird? Was hat mich dieses Dilemma vor dem Fest beschäftigt.
Dann war da noch mein Problem mit festen Terminen während des Wochenbetts. Zu einer bestimmten Zeit kommt Besuch? Und um diesen zu empfangen soll ich tatsächlich geduscht, angezogen und im Optimalfall einigermaßen gut gelaunt sein? Was für ein Horror!
Oben drauf kamen dann natürlich noch die Erwartungen, die jeder an gelungene Weihnachten hat: Reichlich leckeres Essen und Trinken, kein Streit unterm Tannenbaum (Oh weh – noch eine Besorgung), schöne Geschenke (Bloß keine Socken und Schlafanzüge!) und so weiter …
Naja, wenigstens das mit den Geschenken war im letzten Jahr nicht so schwer. Wenn auch zeitaufwendig. Und so habe ich im November einige Stunden beim stundenlangen Stillen meines Babys damit zugebracht, ein Fotobuch über Juniors erste 50 Tage zu erstellen.
Einsam statt gemeinsam: Vom kalten Festtagsmenü & verpassten Konversationen
Wer meinen Blog schon etwas länger verfolgt bzw. viele Beiträge kennt, weiß wohl, dass ich mir schon oft im Leben mit Baby unnötig viele Gedanken und Sorgen gemacht habe. Am Ende wurde doch alles gut. So wie beispielsweise in unserem ersten Urlaub mit Baby. Doch diesmal waren meine Bedenken und nicht allzu rosigen Erwartungen berechtigt. Wer also an dieser Stelle noch immer auf ein plüschiges Happy End hofft, den muss ich enttäuschen.
Ich fange mal mit den Dingen an, die ich nach den Festtagen als schön in Erinnerung behielt. Das waren zum einen die Geschenke. Die waren wirklich toll. Fast kam der Eindruck auf, dass das so eine Art Entschädigung für die Strapazen der Schwangerschaft, Geburt und ersten Zeit mit Baby sein sollte. Oder um es nett auszudrücken: Die große Freude und Dankbarkeit darüber, dass Junior nun unser Leben bereichert, schlug sich auch in den Gaben zum Fest der Liebe nieder.
Sehr gefreut habe ich mich über unsere mitdenkenden Besucher*innen: Im Vorfeld erledigten wir zusammen die Essensplanung und teilten auf, wer was erledigt. So blieb nicht alles an mir hängen.
Gut war auch, dass es nicht zum Streit kam. Glücklicherweise gab es nur wenige Male, in denen Junior von jemand anderem getragen und gekuschelt wurde. Das hielt sogar ich ohne Kommentare und Verbesserungen aus. Jedoch war mir mein Unbehagen in diesen Situationen entweder anzusehen und unser Besuch nahm Rücksicht. Oder war es vielleicht doch nur der Respekt in Bezug auf den Umgang mit so einem winzigen Menschlein, der dafür sorgte, dass Junior meist bei mir blieb?
Sonst gibt es leider nichts Schönes mehr vom Weihnachtsfest zu berichten. Ich empfand die Tage als irre anstrengend und kräftezehrend. Der Druck, nach außen hin eine souveräne und entspannte Mutter abzugeben, lastete schwer auf meinen Schultern. Dabei verlangte das niemand von mir. Ich wollte mir wohl einfach selbst beweisen, wie leicht ich sogar das Leben mit Baby auf die Reihe kriege. Ein bisschen müde? Ja, vielleicht. Aber sonst ist doch alles gut. Meine hohen Ansprüche und mein Perfektionismus machten mir mal wieder das Leben schwer (wodurch sich das bei mir gebessert hat, erfahrt ihr in diesem Beitrag).
Insbesondere diese gefühlte Einsamkeit bzw. Isolation, in die ich mich nicht nur an Weihnachten gedrängt fühlte, machte mir zu schaffen. Immer wenn Besuch da war, hatte ich seit Juniors Geburt nichts davon. Kaum wollte man ein Wort wechseln oder ein warmes, leckeres Essen genießen, meldete Junior seine Bedürfnisse an. Tagsüber war er ein ausgesprochen schlechter Schläfer. Dadurch gab es auch nie Pausen, die länger als eine halbe Stunde gingen. Und selbst diese waren nicht „Babyfrei“, da der Kleine eben nur mit Körperkontakt schlief.
Und so lag ich dann also viele Stunden im Schlafzimmer. Allein mit Baby. Nebenan hörte ich dann angeregte Gespräche, Gelächter oder das Klappern von Besteck. An Weihnachten wurde mir besonders deutlich vor Augen geführt, dass es ein großer Luxus ist, seine Zeit selbstbestimmt zu gestalten. Ja, ich rede hier von Dingen, die ich früher für selbstverständlich hielt. Auf Toieltte gehen, essen und trinken oder auch schlafen sind da meine liebsten Beispiele.
Ausgerechnet zu Weihnachten wurde ich dann zu allem Überfluss auch zum ersten Mal mit weisen Ratschlägen aus meinem Umfeld konfrontiert. „Du musst das Baby mal schreien lassen. Das war früher ganz normal und hat uns doch auch nicht geschadet.“ oder „Wenn du ihn immer hoch nimmst, brauchst du dich nicht wundern, dass er nachts noch nicht durchschläft.“ sind nur zwei Lowlights aus der Ammenmärchen-Mottenkiste rund um die große Angst vorm Verwöhnen.
Ich denke ihr wisst in welche Richtung es ging. Mit mehr von solchem Quatsch kann ich euch also verschonen. Leider war ich zum damaligen Zeitpunkt noch wesentlich einfacher zu verunsichern als nur wenige Wochen später. Und so zerbrach ich mir noch Tage später den Kopf: Sollte ich Junior künftig nicht sofort hochnehmen, wenn er schreit? Dabei hilft ihm das doch immer so gut … Was bin ich froh, weiterhin auf mein Bauchgefühl vertraut zu haben. Junior musste sich bis heute nie ohne unsere Hilfe beruhigen oder in den Schlaf brüllen.
Natürlich war nicht nur ich an und nach den Feiertagen erschöpft. Für den kleinen Junior waren die vielen Eindrücke und die Aufregung ebenfalls zu viel. Und so brachte ich am Abend stets ein übermüdetes und überreiztes Baby ins Bett, das kaum in den Schlaf fand und sehr unruhig war.
Und wenn du denkst du kannst nicht mehr, fliegt in der Küche ein Schrank umher – Unser persönliches Weihnachtsdrama
Am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages, Papa Junior brachte den gerade verabschiedeten Besuch nach Hause, erlebten wir dann noch einen alles andere als besinnlichen Ausklang der Festtage.
Wie bereits erwähnt zogen wir erst wenige Wochen vor dem Fest der Liebe in unsere neue Wohnung ein. Die Küche übernahmen wir dabei von unseren vor Vormietern. Zur Ausstattung zählte auch ein großer und geräumiger Vorratsschrank. In diesem befand sich ein Kühlschrank, der seine besten Tage definitiv schon hinter sich hatte. Dementsprechend nutzten wir das alte Gerät auch nicht als Kühlschrank. Es fungierte sozusagen als weitere Schublade unseres Vorratsschrankes. Diese Lösung empfand ich aus verschiedenen Gründen als suboptimal. Daher hatte ich Papa Junior gebeten, dass er den alten Kühlschrank im neuen Jahr ausbaut. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.
Durch den unfassbar lauten Knall und minutenlangem Geschepper und Gläserklirren war mir auch ohne einen Blick zu riskieren sofort klar, was da in der Küche passiert sein musste. Selbst wenn ich gewollt hätte, konnte ich mir in diesem Moment aber ohnehin kein Bild des Ausmaßes des Schadens machen. Schließlich musste ich an einen vor Angst zitternden und unfassbar laut brüllenden Junior beruhigen. Und mir selbst mantraartig immer wieder sagen, dass alles bestimmt nur halb so schlimm ist.
Weinend rief ich Papa Junior an und erklärte ihm, dass unser Vorratschrank umgekippt ist und in der Küche eine Riesenkatastrophe auf ihn wartet. Wie viel tatsächlich zu Bruch gegangen war, konnte Papa Junior aber auch nach seiner Ankunft zunächst nicht feststellen. Denn der Schrank blockierte nun die in den Raum öffnende Küchentür. Somit war ein Betreten nicht möglich. Und so schließ sich der Kreis: So wie das Fest der Liebe begann, endete es auch. Mit Besuch.
Dank der tatkräftigen Hilfe und einer Nachtschicht war das Gröbste am nächsten Morgen beseitigt. Während des lauten Abtransports des kaputten Schrankes aus der Wohnung, hielt ich dem schlafenden Junior im Bettchen ununterbrochen die Ohren zu. Mehr Lärm und Aufregung brauchte der Kleine defintiv nicht.
Die Bilanz des Schrankumsturzes ist nicht ohne. So sind einige Dellen und Kratzer in der gegenüber liegenden Küchenzeile entstanden. Außerdem zerbach eine Glasscheibe unserer Geschirrschränke. Unsere kompletten Vorräte waren durch Glassplitter sowie ausgelaufenes Öl, Essig und Sauerkraut ein Fall für die Tonne. Und doch hatten wir Glück im Unglück. Ich möchte nicht genauer darüber nachdenken was passiert wäre, wenn ich mich mit Junior in der Küche aufgehalten hätte, während der Schrank umstürzte. Eigentlich wollte ich mir gerade ein Wasser in der Küche holen. Doch Junior weinte und so trug ich ihn im Wohnzimmer umher.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich seit dieses Vorfalls extrem achtsam bin in Bezug auf die Sicherheit von Schränken und Kommoden. Wir hätten nie gedacht, dass ein so schwerer Schrank nach vorn umkippt. Aber es ist passiert. Schränke, Regale und Kommoden, die nicht an der Wand befestigt sind, sucht man nun vergebens bei uns.
Dass diese Begebenheit nun nicht dazu beitrug, dass ohnehin stressige Weihnachtsfest oder die Erinnerung daran zu verbessern, brauche ich wohl nicht zu erklären. Und so hake ich Weihnachten 2016 in großer Dankbarkeit einfach ab. Dankbarkeit für ein gesundes Baby sowie den glimpflichen Ausgang des Schrank-Unfalls.
Und die Moral von der Geschicht? Erfahrt in Teil zwei von „Last Christmas“, was ich aus meinem ersten Weihnachten mit Baby gelernt habe. Ich verrate euch, welche Dinge ich aus heutiger Sicht anders machen würde bzw. in diesem Jahr, auch wenn Junior bereits ein Kleinkind ist, anders machen werde.
Ehrlich eingestehend, darüber froh zu sein, dass das Wochenbett hinter ihr liegt, grüßt euch
eure Jana