Fast alle Eltern haben wohl irgendwann im Laufe der ersten Monate ein Problem mit dem Schlafverhalten ihres Schatzes. Am Anfang sagen sich die unter Schlafentzug leidenden Eltern häufig noch, dass das so in Ordnung ist. Schließlich ist das Baby noch so klein. Aber dann habe ich häufiger mitbekommen, dass vor allem die erschöpften Mütter durch Ratschläge aus dem Umfeld schnell verunsichert sind und denken, ihr Baby müsse jetzt mit Alter XYZ „endlich durchschlafen“.
Erreicht werden soll das mitunter auch mit sogenannten „Schlaflernprogrammen“, die oft viele Stunden Schlaf am Stück schon bei den Kleinsten versprechen. Doch mich wundert, wie plötzlich manchmal eine Erwartungshaltung herrscht, die wohl niemandem nützt.*
Muss ein Baby schlafen lernen?
Vor kurzem war ich mit einer bekannten Mama und ihrer Tochter unterwegs zum Babyfrüshtück und wir unterhielten uns angeregt über unser Leben als Neu-Mamas. Natürlich darf dabei das Thema Schlaf nicht fehlen. Wir jammerten beide etwas, dass wir in der Nacht noch häufig stillen müssen und das die Pausen zwischen den Mahlzeiten bisher auch eher kurz sind.
Der Ton meiner Bekannten wurde plötzlich etwas ernster und sie sagte, sie habe Angst, dass ihre Kleine das mit dem Schlafen nie lernt. Ihr Mann hat deswegen auch beschlossen, dass sie jetzt aktiv werden müssen. Die Kleine ist schließlich fast ein halbes Jahr alt und so kann es ja nun nicht weitergehen. Er hat deswegen ein populäres Buch gekauft, welches ein sogenanntes Schlaflernprogramm für Babies erläutert.
Dieses Programm beruht darauf, den Nachwuchs am Abend bzw. in der Nacht nach und nach eine immer längere Zeit schreien zu lassen und konsequent nicht zu helfen. Allerdings gab es flott Diskussionsbedarf bei den beiden: Während er angetan ist von dem „Programm“, fühlt sie sich nicht gut mit der Idee, ihr Baby schreien zu lassen.
An dieser Stelle wäre die Diskussion für mich ehrlich gesagt beendet. Wer leidet unter Schlafmangel und dem nächtlichen Stillen? Richtig: Mama. Also hat sie auch das letzte Wort, wenn es um Versuche geht, wie sich die Situation verbessern könnte. Das ist zumindest meine Sicht. Aber zurück zum eigentlichen Thema. Als ich den Buchtitel hörte, musste ich kräftig schlucken.
Ich habe bereits viel über das Buch gelesen und halte die Kritik für absolut berechtigt (meine Meinung haben vor allem die fabelhaften Bücher von Herbert Renz-Polster beeinflusst, die ich noch häufiger in meinen Beiträgen empfehlen werde; unter diesem Link findet ihr eine ausführliche Kritik zu dem sehr erfolgreichen Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“, welches das „kontrollierte“ Schreienlassen als Methode empfiehlt, unter „rabeneltern.org“). Sofern „Erfolge“ mit solchen Programmen erreicht werden (wobei der Erfolg hier ist, dass sich das Baby dem Bedürfnis der Erwachsenen beugt und aus Verzweiflung aufgibt), gehen sie aus meiner Sicht zu Lasten des kleinen liebebedürftigen Wesens.
Dass es Eltern gibt, die sich, in ihrer Verzweiflung und unter akutem Schlafmangel, Hilfe von der im Buch vorgestellten Methode erhoffen, überrascht mich nicht. Überrascht war ich aber, als ich meine Bekannte fragte, was sie bisher sonst versucht hatten: Nichts.
Hinzu kommt, dass wir beide dann doch eher auf hohem Niveau jammerten. Es geht bei uns nicht um schlaflose Nächte, sondern um Schlafunterbrechungen alle paar Stunden. Und diese Unterbrechungen sind meist auch nicht mit schreien verbunden. Wir haben einfach ein unruhiges, strampelndes Baby im Bett, das gern stillen möchte.
In diesem Fall kann man also wohl kaum von Verzweiflung sprechen, welche zum Nachdenken über die zweifelhafte Methode des Schreienlassens führte. Dahinter steckt wohl viel mehr Angst vor der Zukunft: Wenn mein Baby jetzt nicht bald schlafen „lernt“, wie soll ich das dann schaffen, wenn die Elternzeit vorbei ist? Verwöhne ich mein Baby nicht zu sehr, wenn ich seinem Hunger- und/oder Kuschelbedürfnis in der Nacht immer nachkomme?
Der verfrühte Traum vom Durchschlafen oder: Wenn das Umfeld verunsichert
Obwohl die meisten von uns instiktiv wissen, dass diese Sorgen zu nichts führen und man einem Baby nie zu viel Liebe, Zuneigung und Zeit schenken kann (auch in der Nacht geht das aus meiner Sicht nicht), sind wir doch schnell verunsichert. Vor allem wenn wir dann hören wie das bei anderen Familien so läuft: „Der Justus schläft schon lange durch. Ich lege ihn um 19 Uhr ins Bett, da schläft er dann nach fünf Minuten ein und dann wacht er so gegen sieben Uhr wieder auf. Das brauche ich aber auch. Ich käme ja sonst zu nix, wenn ich nicht diese Auszeit hätte.“ Na wundervoll!
Nun rattert es so schön im Kopf: Was mache ich falsch? Warum schläft mein Baby denn nicht einfach so ein und muss immer gestillt werden? Was würde ich nur alles mit der vielen freien Zeit anstellen, wenn mein Baby so fein schlafen würde… etc.
Diese Grübelei bringt leider nicht nur nichts – sie belastet auch unnötig. Und das in einer Zeit, in der man all seine Kraft für wirklich sinnvollere und auch schönere Dinge braucht. Und in einer Sache bin ich mir ganz sicher: Die Lösung für die Schwierigkeiten, die wir als Eltern mit dem Schlaf der Kleinsten haben liegt nicht in Abhärtung und einer Methode, die rasche Erfolge verspricht, wenn man nur „durchhält“. Damit es allen in der Familie gut geht und Bedürfnisse nicht einfach ignoriert werden, helfen neben Geduld wohl eher sanfte Wege, um dem Baby ein gutes Gefühl rund um das Thema Schlaf zu vermitteln.
Mama will schlafen: Meine Tipps für müde Mütter
Und damit mir niemand vorwerfen kann, ich würde hier ein Buch/Konzept auseinander nehmen, aber keine Alternativen für übermüdete Eltern nennen: Guten Gewissens kann ich die Bücher „Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch“ von Elizabeth Pantley sowie „Schlaf gut, Baby!: Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten“ von Nora Imlau und Herbert Renz-Polster empfehlen.
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Beide Werke räumen auf mit unrealistischen Erwartungen zum Thema und bauen Ängste ab. Für entspanntere Nächte für alle … (Wer gern mehr Buchempfehlungen rund ums Baby / Kind von mir haben möchte, ist übrigens in meiner Babybibliothek gut aufgehoben)
Meiner Bekannten habe ich übrigens empfohlen, auf ihr Gefühl zu hören und ihre Kleine nicht schreien zu lassen. Außerdem empfahl ich ihr „Schlafen statt Schreien“. Allerdings kam sie nach eigenen Angaben bisher noch nicht zum Lesen. Ich bin mir aber ganz sicher: Wenn der Leidensdruck in einer stressigen Phase wieder steigt, dann ist sie froh, dieses Buch im Regal zu haben.
Nach ein paar Wochen habe ich sie übrigens gefragt, ob sie das Thema Babyschlaf noch immer so belastet. Und sie antwortete, dass sie sich da keinen Stress mehr macht und ihre Tochter einfach in den Schlaf stillt. So ginge es allen gut. Und es gibt wohl schon ab und an Nächte, in denen sie zu mehr Schlaf kommt und die Kleine sechs Stunden am Stück schläft. Und das ganz ohne Programm …
Also, müde Neu-Mamas: Bleibt so entspannt, wie ihr trotz Schlafmangel könnt. Stillt, tragt oder singt eure Babys weiter ruhigen Gewissens in den Schlaf. Was die besorgte Schwiegermutter, eure kinderlose Kollegin oder die selbsternannte Schlafexpertin Frau Super-Mama dazu meinen, kann ich euch herzlich egal sein. Und freut euch auf die Nächte, in denen eure Kleinen zufrieden mehrere Stunden am Stück schlafen. Denn sie werden kommen, versprochen.
Einigermaßen wach grüßt euch
eure Jana
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