Promimütter machen es vor und es scheint, als würde es auch für die „normale“ Frau zunehmend wichtiger werden, nach der Geburt schnellstmöglich wieder so auszusehen, als wäre nix gewesen. Freie Minuten werden dann, so oft es nur geht, für kleine Trainingseinheiten genutzt und auf die Kalorienzufuhr wird noch im Wochenbett wieder streng geachtet. Das Umfeld ist schließlich gnadenlos und als Neu-Mama wird man bereits wenige Wochen nach der Geburt mit der Frage gequält, ob man denn seine alte Figur schon wieder habe. So schön eine tolle Optik auch sein mag: Ich frage mich da sicher nicht als Einzige, ob eine frischgebackene Mutter nicht andere Sorgen und Probleme haben darf.
Vor wenigen Tagen sorgte ein weltweit bekanntes Model für Aufsehen, da sie nur vier Wochen (Oder waren es doch nur zwei? Ich stille und mein Gehirn hat kaum noch Kapazitäten für solche Dinge.) nach der Geburt ihres ersten Kindes ein Fotoshooting im Bikini absolvierte und man eine erst kurz zurückliegende Schwangerschaft nicht mal erahnen konnte. Es gab viel Anerkennung für die Disziplin und das makellose Aussehen der jungen Frau. Natürlich gab es vereinzelt auch Hinweise, dass es nicht gut sei, so früh nach einer Geburt wieder Sport zu treiben und Anmerkungen, die darauf abzielten, dass so etwas wohl nur mit Nanny, Personal Coach, Koch, Haushaltshilfen, Stylisten und Photoshop möglich sei. Diese Kritiker müssen sich allerdings schnell den Vorwurf gefallen lassen, dass sie wohl neidisch sind (zumindest wenn sie weiblich sind; da muss ich glatt an Felix Baumgartners Unverschämtheit gegenüber Corinna Milborn denken).
Ich persönlich gönne dem Model ihre tolle Figur und hoffe einfach mal, dass ihre Gesundheit für dieses extrem schnell erzielte Ergebnis nicht leiden musste (ich bin mir sicher, dass sie fachkundige Beratung hierzu genossen hat und wusste, was sie tut). Und trotzdem sehe ich da ein Problem.
Es ist die Art, wie viele der Promimütter ihre flott zurückerlangte Figur zelebrieren. Das erwähnte Model postete ein Bild des Fotoshootings und verwies schlicht darauf, dass es sich hierbei um eine aktuelle Aufnahme handelt. Andere Models laufen wenige Wochen nach der Entbindung beispielsweise über den Laufsteg eines Wäscheherstellers, der ein sehr einseitiges Bild von Schönheit vermittelt. Nicht zu vergessen sind hierbei die Berühmtheiten, die in Frauenmagazinen ernsthaft Tipps an die „Normalofrau“ weitergeben: „So habe ich es geschafft!“.
Viele Mütter hadern ohnehin schon mit den Veränderungen, die ihr Körper durch das kleine Wunder im Bauch durchgemacht hat. Wenn das angeknackste Selbstwertgefühl dann noch mit Bildern dünner und / oder durchtrainierter Promidamen konfrontiert wird, ist es umso schwieriger, dem eigenen Körper mit seinen (vemeintlichen) Makeln positiv zu begegnen. Damit möchte ich nicht fordern, dass Frauen, deren Job gutes Aussehen ist, nun nicht mehr zeigen sollen, wie toll sie ganz fix nach der Entbindung aussehen. Schließlich muss auch weiterhin Geld verdient werden und wenn die Optik nicht ins gängige Ideal vom Dünnsein passt, dann wird es schwer mit den Aufträgen. Ich würde mir aber wünschen, dass wir Frauen, die diese Bilder sehen, uns immer ins Gedächtnis rufen, dass es vollkommen in Ordnung ist, den prominenten Vorbildern nicht nachzueifern.
Würden wir mehr darüber wissen, was diese Frauen alles für ihre Figur auf sich genommen haben, dann wären wir vielleicht entspannter. Wer weiß schon, wie viel Zeit mit dem noch so jungen Baby bleibt, wenn Mama schon wieder fleißig trainiert, Fotoshootings absolviert und Werbeauftritte meistert? Wir würden vermutlich merken, dass wir eben derzeit andere Prioritäten und Sorgen haben.
Doch leider ist es eben nicht so, dass wir mehr über das echte Familienleben der berühmten Mütter erfahren. Wir sehen nur die perfekte Hochglanzfassade. Und leider ist es gar nicht so leicht, sich beim Anblick der tollen Bilder nicht mit den abgebildeten Frauen zu vergleichen. Wenn sie so schnell so fit ist, warum sehe ich dann ein halbes Jahr nach der Geburt noch SO aus?
Mitunter sorgt dann das Umfeld noch für schlechtere Stimmung. Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon gefragt wurde, ob ich denn meine alte Figur bereits zurück hätte. Ehrlich gesagt finde ich diese Frage ziemlich doof.
Denn erstens sieht die / der Fragende mich doch gerade. Ihr / Ihm ist also durchaus eine eigene Einschätzung der Lage zuzutrauen. Außerdem kann man davon ausgehen, dass eine Frau, die sich schon über ihre Pre-Babyfigur freut, noch früh genug ganz allein damit angibt. Alle anderen Neu-Mamas werden mit dieser Frage aber nur daran erinnert, dass sie ja noch Kilozahl / Bauchumfang XY abzunehmen haben, um nicht als willensschwache und der Schokolade zu zugewandte Versagerin dazustehen.
Bisher waren es zu 99% Frauen, die sich nach meinem After-Baby-Body erkundigten. Vor allem die (noch) Kinderlosen scheint dieses Thema doch sehr umzutreiben. Während meiner Schwangerschaft wurde ich von eben diesen Frauen übrigens ständig gefragt, wie viel ich denn schon zugenommen habe. Lasst es euch gesagt sein: Das ist so was von unwichtig. Wirklich. Auch ich muss es mir immer wieder bewusst machen: Das Gewicht ist so unwichtig (wichtig ist die Gesundheit von Mutter und Baby, ihr Wohlbefinden, der Mutterschutz, Unterstützung aus dem Umfeld und, und, und …).
Idealgewicht nach der Geburt bereits erreicht? Es gibt doch so viele wichtigere Dinge derzeit, oder?
Ganz frei machen kann ich mich leider nicht von dem Figurdruck. So sehr ich es auch versuche. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich in meine alte Jeans passe und die Haut wieder etwas straffer ist. Dafür versuche ich etwas Sport in den Babyalltag zu integrieren. Als stillende Mama versuche ich ausgewogen zu essen. Doch nachdem ich in den ersten Wochen nach der Geburt ständig auf die Waage gestiegen bin, um zu schauen, wie viel ich abgenommen habe, verbannte ich diese für mehrere Monate aus meinem Kopf. Das hat mir wirklich geholfen. Und Papa Babymann, der mir immer wieder sagte, dass ich doch toll aussehe. Da ist sie also wieder, die so wichtige Unterstützung aus dem Umfeld.
Ich hoffe, ihr habt alle auch jemanden, der euch hilft, euch so zu akzeptieren, wie ihr seid. Oder der euch die Kraft gibt, es anzupacken und das zu ändern, was euch stört. Schön ist, was ihr selbst schön findet und vor allem das eigene Wolbefinden ist entscheidend. In diesem Sinne: Ich esse jetzt erstmal ein Stück Schokolade und wünsche euch einen wunderbaren Tag!