Nach 15 1/2 Monaten musste wohl auch ich es mir langsam vor vier Wochen eingestehen: Junior ist kein Baby mehr. Sondern ein richtiges Kleinkind. Er läuft zwar noch nicht allein durch die Gegend. Doch in wenigen Wochen wird wohl auch das Krabbeln, als letztes babyhaftes Relikt, der Vergangenheit angehören.
Irgendwie bin ich hin- und hergerissen zwischen Freude und Trauer. Freude über Juniors Entwicklung und Fortschritte. Trauer, da ich mich im Rückblick natürlich viel intensiver an die schönen Momente der Babyzeit erinnere.
Zu diesem Gefühlschaos gesellt sich dann noch diese Gewissheit: Da kommt etwas auf mich zu. Etwas, was mich häufiger an meine Grenzen bringen wird. Mich wachsen lässt. Und mein Mama-Leben noch bunter und bereichernder macht. Darf ich vorstellen? Junior – mein gefühls- und willensstarkes Kleinkind. In den letzten Tagen zeigte sich die ganze Bandbreite von Juniors Gefühlen und neu erworbenen Fähigkeiten. Jedoch auch meine derzeitige Dünnhäutigkeit in einigen Situationen sowie mein tägliches Lernen als Mama eines Kleinkindes in anderen.
Im ersten Teil ging es um einen übellaunigen Junior und meinen nicht unbedingt souveränen Umgang damit. Doch der enorme Entwicklungssprung, den Junior da vor ein paar Wochen durchlief, sorgte auch für einige schöne und lustige Erlebnisse. Und auf die will ich mich dann in diesem zweiten Teil rund um die Entwicklung meines Kleinkindes mit 15 Monaten konzentrieren.
Episode 2: Mund auf, Mama! Oder: Ab jetzt hat Junior hier das Sagen
Jetzt bloß nicht zu doll lachen! Die Folge könnten unangenehmer Würgereiz oder weiße schaumige Flecken auf meinem Schlabberpulli sein. Wobei die Fleckennummer gar nicht schlimm wäre. Schließlich ist noch kein Kleidungsstück nach einem Tag mit Junior am Abend nicht direkt in der Schmutzwäsche gelandet.
Aber essen möchte ich Juniors, für Kleinkinder-Gaumen aromatisierte, Zahnpasta nun echt nicht. Die harmonisiert einfach nicht allzu gut mit meiner Lieblingsschokolade. Von der ich mir gerade ratzfatz im Vorbeigehen auf dem Weg ins Bad und mit Junior auf dem Arm ein Stückchen einverleibte.
Das mit der Schokolade passiert derzeit häufiger. Verstärkt in Richtung Abend. Wobei „passiert“ natürlich nur ein jämmerlicher Ablenkungsversuch meinerseits ist. Andere Methoden des Stressabbaus ziehe ich derzeit nämlich nicht mal in Erwägung. Ja, die Tage und Nächte mit Kleinkind Junior haben es derzeit in sich (wer sich nicht mehr erinnert, hilft seinem Gedächtnis in Teil 1 auf die Sprünge). Schokolade halte ich da für eine recht harmlose Form des Krafttankens.
Während ich nun also noch vor wenigen Augenblicken in Erwartung anstrengender Minuten bis zu Juniors (hoffentlich baldigem) friedlichem Einschlafen im Bad saß, vekneife ich mir nun das Lachen. Vergeblich allerdings. Mein Lachanfall hält Junior jedoch nicht davon ab, sein Ziel unbeirrt weiter zu verfolgen. Und das heißt: Mamas Zähne putzen. Natürlich mit der Zahnbürste, die eigentlich für das Polieren seiner Beißerchen gedacht ist.
Mit riesigen Kulleraugen schaut Junior, der rücklings auf meinem Schoß sitzt, mich, die wiederum auf dem geschlossenen Klodeckel sitzt, an. Mein Lachen ist mittlerweile einem breiten Grinsen gewichen. Was natürlich nicht geht. Wie soll der Kleine denn so meine Zähne putzen? Er deutet auf meinen geschlossenen Mund und sagt energisch „Aaaaahhhhh!“. Habe ich da noch eine Wahl? Wobei: Vielleicht kann sich Junior ja künftig besser in meine Lage versetzen, wenn ich das mit dem Rollentausch nun konsequent durchziehe. Und den Mund einfach zulasse. Ja, ist ja schon gut. Diese Erwartungshaltung ist möglicherweise überzogen. Aber nur ein ganz kleines bisschen.
Und so öffne ich wie verlangt meinen Mund und sage „Aaaaaaah“. Junior ist begeistert und schrubbt auf unnachahmlich sanfte, typische Kleinkind-Art (Kennt ihr, oder?) meine Schoko-Zähne. Nur der klebrig-süße, schaumige Brei aus Kinderzahnpasta und kakaoiger Schokolade sorgt dafür, dass ich nicht erneut laut lospruste.
Wie komme ich nur wieder raus aus der Nummer? Möglichst ohne Juniors Tränen. Und natürlich mit sauberen Zähnen. Also Juniors. Nicht meinen (der Part kommt doch erst, wenn die ganze Schokoladentafel verputzt ist).
Juniors Vorliebe für „Teddy“ bringt mich meinen Zielen schließlich ein großes Stück näher. Auf der Kinderzahnpasta ist ja ein wunderbares Exemplar abgebildet. Klar – dem Teddy müssen doch auch die Zähne geputzt werden. Junior geht sofort auf mein verlockendes Angebot ein. Zügig wird die schokoladisierte Zahnbürste nun aus meinem Mund gefetzt. Denn jetzt ist „Teddy“ dran. Das macht Junior mir mit seinen aufgeregten Rufen unmissverständlich klar. Nun ist meine Chance gekommen, um eine neue Zahnbürste zu schnappen. Und Juniors Zähne zu putzen. Während er die von Teddy gewissenhaft säubert. „Aaaaaaaaahhhh“ …
Sprechen, stehen, verstehen: Juniors Kleinkind-Entwicklung im Eiltempo
Seit einigen Tagen häufen sich hier im Hause Patschehand lustige Situationen wie die eben geschilderte. Vor allem am Abend, wenn ich Junior ins Bett bringe und beim Einschlafstillen den vergangenen, manchmal rastlos anmutenden, Tag Revue passieren lasse, merke ich in was für einem Eiltempo Junior derzeit Papa Junior und mich mit neuen Fähigkeiten überrascht. Sowohl seine sprachliche als auch motorische Entwicklung machen mit 15 Monaten einen enormen Sprung.
An Heiligabend des vergangenen Jahres sagte Junior mit „Bär“ ja sein erstes Wort nach „Mama“ und „Papa“. Hinzu kamen noch ein undeutliches „Apfel“ und „Bl“ für Blumen. Wir lauerten auf weitere Sprachübungen Juniors. Doch scheinbar passierte in dieser Hinsicht erstmal nichts weiter (dieser Eindruck täuschte sicher …). Knapp vier Wochen später ist Junior nun kaum zu bremsen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
So lernt er nicht nur nahezu täglich neue Wörter und verfügt über einen mittlerweile recht großen passiven Wortschatz. Er drückt sich mit „Ja“ und eifrigem Nicken oder „Na“ und zugehöriger abweisender Handbewegung auch deutlich aus. Und auch motorisch geht es mit unserem Super-Toddler voran.
Junior läuft mit 15 Monaten ja noch nicht. Und zeigte bisher auch kein großes Interesse daran. Wozu hat er schließlich in den vergangenen Monaten voller Ehrgeiz seinen Krabbel-Stil perfektioniert? Doch seit kurzem zieht der Kleine sich überall hoch in den Stand und läuft auch abgestützt an Sofa, Kommoden und Co. seine ersten Schritte. Dabei geht er jedoch sehr risikosbewusst vor: Hinfallen mag Junior nämlich gar nicht. Bis er frei steht und läuft, dauert es jedenfalls, trotz dieser Vorsicht, wohl nicht mehr allzu lang.
Zu sehen mit wie viel Freude und Stolz Junior die eigenen Fortschritte erfüllen, empfinde ich als wunderbaren Aspekt meines Mama-Alltags. Und ja, ich genieße auch die zunehmende Selbstständigkeit meines Kleinkindes. Sehr sogar. Gleichzeitig versuche ich, bloß keinen kostbaren Moment unbeachtet an mir vorbeirauschen zu lassen. Sondern diesen festzuhalten.
Denn Juniors große Entwicklung ist eben auch mit großen Gefühlen verbunden. Nicht nur denen, die ich als herausfordernd betrachte (wie in Teil 1 dieses Artikels beschrieben). Und auch nicht nur auf Juniors Seite. Starke Gefühle löst der endgültige Abschied der Babyzeit mit 15 Monaten auch in Papa Junior und mir aus.
Da war zum Beispiel dieser eine Abend. Kein besonderer. Wir waren mitten in der Gute-Nacht-Routine. Im Scherz frage ich Junior, der auf Papas Schoß sitzt, bevor es ins Schlafzimmer geht: „Gibst du Papa noch einen Gute-Nacht-Kuss?“. Junior spitzt seine Lippen und schmatzt seinem Papa lächelnd auf die Wange. Juniors erster Eltern-Schmatzer war natürlich auch für Papa ein schöner Moment. Immer häufiger spüre ich in letzter Zeit: Junior trägt so viel Liebe in sich. Und kann nun auch erstmals „zurückgeben“.
Es mag für einige von euch befremdlich klingen. Doch dies empfand besonders ich in der ersten Zeit mit Baby manchmal als so schwer: Du gibst und gibst und gibst. Doch was soll ein so winziges, von dir abhängiges Wesen schon groß zurückgeben? Ja, ein Baby-Lächeln ist großartig. Aber als noch viel großartiger empfinde ich, dass Junior nun Freude und Zuneigung klar zeigen kann. Und mir als Mama so das schönste Gefühl geben: „Du magst keine perfekte Mama sein. Aber für mich du bist meine Genau-Richtig-Mama.“
Sich durchaus darüber im Klaren, dass Junior diese Sätze so wohl sicher nicht so bald (oder gar niemals) zu mir sagen wird, grüßt euch
eure Jana